Menschendämmerung und Auferstehung der Menschheit – eine Rezension von Johannes Lauterbach

Zuerst erscheinen unter dem Titel »Die Michael-Bewegung seit Rudolf Steiners Tod« in der Zeitschrift Gegenwart, Nr. 2/2021, https://www.zeitschrift-gegenwart.ch

»Die Tatsache, dass wir über diese Michael-Geheimnisse sprechen und sie auf diese Weise vermitteln konnten, beruht auf dem Werden dieser Gemeinschaft. Die leitenden Wesen der Michael-Schule interessieren sich nur für Taten zur Gemeinschaftsbildung, nicht für Worte und Begriffe, Bücher und Wissen, auch wenn diese anthroposophischen Begriffe und Bücher noch so klug sind!« (S. 119)


Hier liegt ein wirklich geisteswissenschaftliches Buch vor.


Auf Grundlage der übersinnlichen Forschungen des Autors werden neue Erkenntnisse über die geistige Entwicklung der Menschheit und der mit dem Engelwesen Michael verbundenen Bewegung seit dem Tode Rudolf Steiners dargestellt. Wie der Titel treffend umschreibt, geht es um den Untergang der Menschheit im 20. Jahrhundert und ihre mögliche Auferstehung im 21. Jahrhundert. Was der Autor hierzu schon in seinem ersten Buch
Das spirituelle Ereignis des 20. Jahrhunderts – eine Imagination: Die okkulte Bedeutung der zwölf Jahre von 1933-1945 (Verlag am Goetheanum 1997) 1995 dargestellt hat, wird nun fortgesetzt. Der Text basiert auf fünf Vorträgen, die vom Autor im Februar 2019 vor den Mitgliedern der Globalen Schule der Geisteswissenschaft gehalten wurden.


Mehr dem narrativen Hauptstrom als den einzelnen Kapiteln nachgehend, wird im Wesentlichen Folgendes ausgesagt:
Die Menschen haben es nicht gehört – die mit der Gründung der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft durch Rudolf Steiner 1923/24 geschaffene Möglichkeit, eine Gemeinschaft zu bilden, die im Irdischen das Geistige real lebt, wurde nicht ergriffen.


Die Folge ist: Anstelle der bewussten Wahrnehmung des Christus-Wesens im eigenen Herzen, die seit 1933 möglich wäre, tritt die unvorbereitete Begegnung mit dem ersten apokalyptischen Tier in der Katastrophe von 1933–45 ein – danach die unangefochtene Herrschaft des zweiten Tieres in der globalen Menschheitsdämmerung im Laufe des 20. Jahrhunderts.


Währenddessen leben und arbeiten das Wesen Rudolf Steiners und die wenigen ihm treu gebliebenen Seelen im Übersinnlichen weiter. Als Antwort auf die große Menschheitsfrage der Jahre 1933–45 vollbringen sie selbst ein Opfer, indem sie sich mit der Menschheitsfrage verbinden, und ebnen dadurch den Weg für das erneute Christus-Opfer, aus dem eine Auferstehung der Menschheit im 21. Jahrhundert werden kann.


In einer übersinnlichen Versammlung Michaels mit den ihm treuen Seelen treffen Angehörige des aristotelischen und des platonischen Stromes innerhalb der Michaelischen Bewegung eine neue Vereinbarung. Wenn die – wenigen – sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts verkörpernden Platoniker bis zum Jahrhundertende die Vergeistigung der Anthroposophie und die voll bewusste Wahrnehmung des Christus-Ereignis erreichen, dann verkörpern sich auch einige der Aristoteliker, um in der ersten Hälfte des 21. Jahrhunderts gemeinsam zu wirken. In dem 1995 erschienenen Buch des Autors
Die Neue Erfahrung des Übersinnlichen. Das anthroposophische Erkenntnisdrama der Wiederkunft (Verlag am Goetheanum 1997) wird die Verwirklichung dieser Aufgabe dargestellt. Und am Beginn des 21. Jahrhunderts soll als zweiter Teil der Aufgabe die neue Gemeinschaft von sich mit offenem Herzen begegnenden, an der Vergeistigung des Denkens, Fühlens und Wollens gemeinsam arbeitenden und dadurch verjüngenden Menschen begonnen werden. Dies wird mit der Globalen Schule der Geisteswissenschaft gegenwärtig versucht.


Dadurch entsteht am Beginn des dritten Jahrzehnts im 21. Jahrhundert – in sehr viel kleinerem Maße als in Steiners Andeutungen noch vorgesehen war – die Möglichkeit der irdischen Zusammenarbeit eines Teils der loyal gebliebenen Michael-Schüler, welche die bisher getrennten anthroposophischen Strömungen vertreten. Ihre Aufgabe ist der Aufbau einer Gemeinschaft, in der die Ziele des leitenden Geistes unserer Zeit, Michael, verwirklicht werden und der erneut auferstehende Christus bewusst geschaut werden kann. Die 1924 verpasste Welten-Zeiten-Wende, von der bisherigen Entwicklung der Menschheit in das Irdisch-Materielle hinein zurück ins Geistige – aber jetzt voll bewusst und in Freiheit –, kann in diesem Jahrhundert dadurch erneut versucht werden.


Wenn
. Auch das ›Wenn‹ ist ein wesentlicher Bestandteil des Mitgeteilten, denn es hängt von den heute lebenden Menschen, ihrem guten Willen und vor allem ihrem Mut ab. Können sie als irdische Menschen ihre Ängste und Ambitionen überwinden und ihrem vorgeburtlichen Entschluss und Impuls treu bleiben, der sie zu dieser Bewegung führt?


Doch für diesen Versuch stehen auch besondere geistige Kräfte zur Verfügung: Das in der nordischen Mythologie als Widar bezeichnete Engelwesen gibt die geistige Form, den Ätherleib, in dem Christus geschaut werden kann und der von Rudolf Steiner individualisiert und in seinen eigenen unsterblichen Lebensleib aufgenommen wurde und wird. Diese geistigen Substanzen wurden, wie in
Michaelisches Yoga (Cognitive Yoga. Making Yourself a New Etheric Body and Inidividuality, Temple Lodge Publishing 2016; die deutsche Ausgabe ist in Vorbereitung) beschrieben, weiter individualisiert und dadurch eine ›Blaupause‹ für die Schaffung des geistigen Gemeinschaftsleibes der Schule für Geisteswissenschaft gegeben – ein Gemeinschaftsleib, durch den verkörperte Menschen Kommunion mit den geistigen Wesen der michaelischen Gemeinschaft und dem Christus haben können.


Bemerkenswert ist der erste Vortrag, in dem der Autor seine eigene spirituelle Biografie darlegt und dadurch Einblick in seinen lebenslangen kognitiv-moralischen Erkenntnisweg gibt.


Ein ganzer Vortrag ist dem Wesen Rudolf Steiners gewidmet, das von Ben Aharon in herzergreifender, hingebungsvoller Tiefe dargestellt wird. Er schreibt:

»Das Ideal des freien individualisierten Geistes, der den Göttern aus freier Menschenliebe folgen würde, dieses Ideal der Götter hat sich zum ersten Mal auf der Erde verkörpert und ist   ein freier, moderner Mensch unter uns geworden.« (S. 204)


Die Zuhörer der Vorträge beschäftigen sich seit Jahren mit den Hintergründen des Dargestellten. Aber es ist kein Buch für Insider. Zu der neu gegründeten
Schule der Geisteswissenschaft, um die es hier geht, schreibt der Autor:

»Diese Schule wird nur das werden, was sie sein sollte, nämlich der Wegbereiter und der experimentelle Lotse der menschlichen Evolution, wenn sie zu dem Ort wird, an dem der vollständige Zyklus der Metamorphose der Liebe als die praktizierbarste gemeinschaftliche seelisch-geistige Kunst, Handwerk und Ritual erlebt, erprobt, erforscht und entwickelt wird.« (S. 153)


Das hier Mitgeteilte ist von größtmöglicher Bedeutung für jeden einzelnen Menschen, die Menschheit und ihre Entwicklung in unserer Zeit. Dadurch fordert es aber auch heraus, es anzunehmen oder abzulehnen. Und als Wirklichkeit kann das Mitgeteilte nur erkannt werden, indem es zugleich Willensimpuls wird: sich selbst aktiv in die beschriebene Bewegung hineinzustellen – ein michaelisches Buch also.


Johannes Lauterbach, Dipl.Ing. (Architektur), Tübingen, arbeitet als Bildungsreferent und Organisationsberater in der Eine Welt Bewegung. Er ist Mitglied des Global Event College und der Globalen Schule der Geisteswissenschaftt.

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